Die Herstellung von Itupeva Cachaça im Detail

 

 

Inhaltsverzeichnis:

1. Hersteller

2. Terroir und Rohstoff

3. Ernte und Fermentation

4. Erste Destillation und Lagerung

5. Zweite Destillation und Lagerung

   5.1 Cristal

   5.2 Umburana

6. Abfüllung

 

 

1. Hersteller

Itupeva_3_Generationen_Tonoli

 

Itupeva Cachaça stammt aus einer Farm, welche sich etwa eine halbe Stunde südlich der Stadt Itupeva im Bundesstaat São Paolo, mitten in unberührter Natur und damit direkt am Rand des Naturschutzgebiets Serra do Japi befindet.

Dieses UNESCO Biosphärenreservat ist eine der letzten unberührten Regionen der inzwischen zu über 80% abgeholzten Mata Atlântica - des in vorkolonialer Zeit noch nach dem Amazonas- und Kongo-Becken drittgrößten Regenwaldgebietes der Welt.

Seit mindestens 1890 wird auf der Farm Zuckerrohr angebaut und zu Cachaça destilliert, wobei nur noch wenige Informationen über das damalige Destillat bestehen. Der italienichen Einwanderer Cyrineo Tonoli - der Urgroßvater des heutigen Besitzers von Itupeva Cachaça - erwarb das Gebiet um 1925 und stellte Cachaça in den seither so typischen Grappa-Brennblasen her. Sein Sohn (hier rechts im Bild) war es schließlich, der 1948 begann Itupeva Cachaça unter seinem heutigen Namen zu produzieren.

Der Name "Itupeva" dient dabei als Hommage an das historisch-kulturelle Erbe der neuen Heimat der Familie Tonoli und bedeutet in den indigenen Tupí-Guaraní-Sprachen soviel wie "kleiner Wasserfall". Der Name der Brennerei "JP" ist schlicht die  Abkürzung des benachbarten Biosphärenreservates.

 

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2. Terroir und Rohstoff

 

Die bergige Region mit zahlreichen, im Naturschutzgebiet entspringenden Frischwasserquellen, und ausgeprägten saisonalen Temperaturunterschieden bietet ausgezeichnete Wachstumsbedingungen für Zuckerrohr.

Der Boden besteht aus einer recht dünnen und steinigen Oberschicht, sowie dickem, nährstoffreichem A-Horizont (unter der Oberschicht liegender Bodenbereich) aus Kies und Sand über einem tonhaltigen B-Horizont (Bodenbereich unterhalb des A-Horizonts). Dies führt dazu, dass Regenwasser sehr einfach die Oberschicht penetriert und einsickert, aber dann von der Tonschicht gehalten wird, also den Pflanzen auch in Trockenperioden lange zur Verfügung steht.

Natürlich werden beim Zuckerrohr für Itupeva keine chemischen Düngemittel verwendet, sondern lediglich Nebenprodukte der Cachaça-Produktion auf den Feldern verteilt. Die nach der Fermentation gefilterten festen Bestandteile des Mostes dienen dabei hauptsächlich als Phosphorquelle, während die nach der Destillation in der Brennblase zurückbleibende Vinasse für ausreichend Kalium und andere Spurenelemente sorgt.

Unkraut wird nur per Hand entfernt, Herbizide, Pestizide o.ä. kommen selbstverständlich auch nicht zum Einsatz.

Nach 5 bis 7 Jahren, wird die Nutzung eines Feldes komplett eingestellt, der Boden umgepflügt und zur Regeneration mit verschiedenen Hülsenfrüchten bepflanzt. Erst wenn sich der Boden wieder vollständig regeneriert hat, werden die für die sogenannte Gründüngung gepflanzten Hülsenfrüchte wieder untergepflügt und neues Zuckerrohr gepflanzt.

Die im Winter mitunter kalten Temperaturen sorgen zwar für ein etwas langsameres Wachstum des Zuckerrohrs, tragen aber zu einer höheren aromatischen Dichte des Zuckerrohrsaftes bei der Ernte bei. Viel entscheidender beim Klima ist aber, dass es auch während der nur im Winter stattfindenden Ernte und Fermentation kalt bleibt - mehr dazu im nächsten Absatz.

 

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3. Ernte und Fermentation

 

Itupeva_ZuckerrohrernteDie Ernte findet von Hand mit Facas (eine Art Machete) in den Wintermonaten Juni bis September statt, wenn es am trockensten und kältesten ist. Dabei werden zunächst die Blätter des Zuckerrohres entfernt und dann der Halm knapp über dem Boden abgeschnitten. Das leider immer noch, und insbesondere bei der industriellen Herstellung, gebräuchliche Abbrennen der Felder (um die Blätter schneller zu entfernen), ist nicht nur umweltschädlich, sondern hat auch negative Auswirkungen auf den späteren Geschmack. Die Nährstoffbilanz des Bodens wird gestört, das Zuckerrohr selber wird durch die Hitze beschädigt und eine Verunreinigung mit Asche kann bei der Fermentation zu störenden Fremdaromen führen.

Der Saft wird bei Itupeva innerhalb nur weniger Stunden nach der Ernte aus dem Zuckerrohr gepresst. Lässt man es zu lange liegen, oder muss es erst noch an einen anderen Ort transportieren, wie es bei vielen industriellen Cachaça üblich ist, beginnt bereits eine bakterielle Zersetzung des Zuckerrohrs. Diese erzeugt Fehlaromen, die sich auch während der Fermentation und Destillation nicht mehr entfernen lassen. Die ausgepressten Fasern des Zuckerrohrs werden einfach auf dem Boden der Farm getrocknet und als Brennmaterial für die Brennblase benutzt. Ein kleiner Teil wird auch als natürlicher Dünger wieder auf die Felder aufgebracht.

Die ersten einhundert Liter des frisch gepressten Saftes werden gleich mit etwas Wasser in einen Stahltank gefüllt und genutzt, um diejenigen Hefestämme zu kultivieren, welche die erwünschten Aromen produzieren. Hierzu werden zunächst 500 Gramm der Reinzuchthefe CA11 hinzugegeben, welche die Fermentation anstößt und mit den wilden, natürlich auf dem Zuckerrohr und in der Umgebungsluft vorhandenen Hefen zusammen die Gärung trägt. Über die nächsten Tage wird immer mehr Zuckerrohrsaft hinzugegeben und der Zuckergehalt im Gärtank kontrolliert erhöht, so dass sich nach etwa 10 Tagen eine Kombination von Hefestämmen vermehrt hat, welche für das spätere Aroma des Cachaca so entscheidend sind. Dabei dominieren die wilden Hefestämme deutlich und von der anfänglich zugegebenen "CA11" ist fast nichts mehr nachweisbar.

Erst wenn diese Ansatzflüssigkeit fertig ist, wird der Rest des Zuckerrohrs geerntet und in größere Tanks gefüllt, um dann mit eben diesen gezielt kultivierten, wilden Hefestämmen zu fermentieren. Denn bei der Fermentation wird nicht nur Zucker in Alkohol umgewandelt, sondern es entstehen noch zahllose Gärnebenprodukte, welche für das Aroma und den Geschmack des späteren Destillates entscheidend sind. Durch diese kontrollierte Art mit wilden Hefen zu arbeiten, sowie die bei der kalten Umgebungstemperatur von teilweise nur 10°C langsame Fermentation, wird bei Itupeva sichergestellt, dass das aromatische Profil des Cachaca so fruchtig, vielseitig und komplex ist, ohne dass störende Fehlaromen entstehen. Insbesondere der Eindruck von "nasser Pappe" welcher bei vielen Cachaca im Geruch vorherrscht, wird in diesem Schritt bei Itupeva komplett vermieden.

 

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4. Erste Destillation und Lagerung

 

Die Destillation des Itupeva Cachaça ist eine Besonderheit, welche wir so noch bei keinem anderen Cachaça - eigentlich noch bei keiner anderen Spirituose gesehen haben. Es wird nämlich doppelt destilliert: Das zweite Mal allerdings erst nach einer langen Fasslagerung.

Itupeva_Brennblasen_500pxFür beide Brennvorgänge werden die gleichen 1.800 Liter fassenden Kupfer-Brennblasen verwendet, welche mit Dampf geheizt werden. Der Wasserkessel wird dabei mit den getrockneten Überresten des Zuckerrohrs geheizt.

Die Brennblasen haben dabei die typische „Grappa“-Form (siehe: Geschichte von Cachaça), sind also flach und breit mit einem senkrechten Steigrohr, in dem 2 Glockenböden angebracht sind. So kann in nur einem Brenndurchlauf bereits eine ausreichende Alkoholstärke erreicht werden.

Nach Abtrennung des Vorlaufes (ca. 1% des Volumens) wird der Destillierte Cachaca mit einem anfänglichen Alkoholgehalt von 60% vol aufgefangen und destilliert, bis der Alkoholgehalt auf 38% vol abgesunken ist, wo der Nachlauf beginnt, das Destillat also nicht mehr für den Itupeva Cachaca verwendet wird. Der Gesamtalkoholgehalt beträgt dann um die 48% vol. Beim diesem relativ kurzen Vorlauf wird insbesondere darauf geachtet, dass zwar das leicht flüchtige Ethylacetat abgetrennt wird, welches nach Klebstoff riecht, aber ein möglichst hoher Anteil an ebenfalls leicht flüchtigen Esterverbindungen im Destillat gehalten werden, welche später für fruchtige Aromen verantwortlich sind.

Die bei Itupeva sehr frühe Abtrennung des Nachlaufes bereits ab 38% vol führt zwar dazu, dass relativ viel Alkohol verloren geht, allerdings steigt im Laufe der Destillation auch naturgemäß die Temperatur in der Brennblase und zunehmend verdunsten auch höherwertige Alkohole, also Fuselöle mit verdampfen. Diese könnten auch wieder für Fehlaromen im endgültigen Destillat sorgen - lange bevor sie gesundheitsschädlich sind und gesetzliche Grenzwerte erreicht werden und werden so beim Itupeva Cachaça komplett vermieden.

Um mit der großen Menge an nicht verwendetem Ethanol keinen zu hohen wirtschaftlichen Verlust zu erleiden, wird einfach der komplette Nachlauf gesammelt und am Ende der Brennsaison noch einige Male weiter destilliert, also rektifiziert, und dann als Kraftstoff für den Trecker der Familie benutzt.

 

Itupeva_Amendoim_Faesser_500pxDirekt nach der Destillation wird der gesamte Cachaça für 12 Monate in großen, 30.000 Liter fassenden Fässern aus Amendoim do Campo gelagert. Hierbei handelt es sich um das Holz eines Tropenbaumes, der auch als Ipê bekannt ist (Platypodium elegans). Dieses sehr feste Tropenholz gibt gewöhnlich nur sehr wenig Aroma und Farbe an das gelagerte Destillat ab - bei Itupeva sogar fast gar nichts, da es sich um Fässer handelt, welche bereits 1925 vom italienischen Wermut-Produzenten Martini-Rossi bereits gebraucht erworben wurden und sich seitdem bei JP im Einsatz befinden.

Das einzige Ziel dieser Lagerung ist daher eine Oxidation des frischen Destillats, insbesondere der verbliebenen Aldehyde, sowie ein natürlicher Säureabbau, um einen milden, harmonischen Cachaça zu erzeugen.

Allerdings entstehen während dieser Lagerzeit auch Stoffe wie Ethylcarbamat und Furfural, wie bei jeder Fasslagerung einer Zuckerrohr-Spirituose. Diese Stoffe gelten als karzinogen und können den Cachaça auch sensorisch negativ beeinflussen. Zwar liegen die Werte üblicherweise deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten, der Familie Tonoli reicht dies allerdings nicht für Ihr Spitzenprodukt. Daher wird das bereits ein Jahr gelagerte Destillat für den Itupeva Cachaça noch ein weiteres Mal destilliert, um die auch nun neu entstandenen unerwünschten Stoffe abzutrennen.

 

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5. Zweite Destillation und Lagerung

 

Bei der erneuten Destillation werden wieder Vor- und Nachlauf abgetrennt, um wirklich nur die aromatisch erwünschten Bestandteile in das letztendliche Produkt zu überführen. Aufgrund des bei der Destillation höheren Anfangsalkoholgehaltes, liegt das Herz des zweiten Brenndurchlaufes bei 60% vol.

 

5.1 Cristal

Für den Itupeva Cristal kommt das Destillat nun noch bis zur Abfüllung einige weitere Monate in einen Stahltank, wobei keine große aromatische Veränderung mehr stattfindet, der Cachaça allerdings noch harmonischer und milder wird.

 

5.2 Umburana

Ein aromatisches Highlight der brasilianischen Zuckerrohrspirituosen ist natürlich die Lagerung in Tropenhölzern. Während fast überall sonst auf der Welt eigentlich nur Eichenholz zum Fassbau geeignet ist, bietet der brasilianische Regenwald eine Fülle an extrem harten Hölzern, welche alle ihre eigenen aromatischen Einflüsse auf in ihnen gelagerte Cachaça haben.

Umburana (auch Amburana) ist dabei sicherlich eines der faszinierenden Hölzer. Die Samen dieses Baumes werden in Brasilien getrocknet auch als Ersatz für Tonkabohnen verwendet - und es sind genau diese ätherischen Öle, welche auch im Holz vorhanden sind und die Charakteristik des gelagerten Cachaça bestimmen.

Anders als bei Eichenfässern üblich, werden die Fässer aus Umburana-Holz nicht vorbehandelt, also insbesondere nicht getoastet und ausgebrannt, es wird also keine Holzkohleschicht gebildet. Bei jeder Befüllung nimmt dabei aber dann auch der aromatische Einfluss des Holzes ab, so dass die 200-Liter Umburana Fässer bei Itupeva nur vier- oder fünfmal benutzt werden. Bei der Erstbefüllung liegt das Destillat etwa 6 Monate im Fass, bei der letzten Befüllung sind es schon mindestens 2 Jahre. Der letztendliche Cachaça wird dann aus allen zur Verfügung stehenden Fässern so komponiert, dass ein möglichst komplexer, aber bei jeder Abfüllung gleicher Geschmack gewährleistet wird. Die benutzten Fässer werden im Anschluss an eine Brauerei weiterverkauft, welche Bier darin lagert - ein ebenso interessanter, neuer Trend in Brasilien.

Nach vielen Versuchen hat die Familie Tonoli für sich herausgefunden, dass sich das aromatische Profil des Cachaça Umburana am besten entwickelt, wenn die Fässer mit einer Alkoholstärke von lediglich 50% abgefüllt werden. Daher wird das Destillat nach der zweiten Destillation vor der Abfüllung in die Fässer noch auf eben diese Stärke verdünnt.

 

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6 Abfüllung

 

Da die Lagerung bei hohen Alkoholgehalten (ca. 60% vol für den Cristal und 50% vol für den Umburana) stattfindet und sich der Alkoholgehalt während der Lagerung noch verändert, muss der Cachaça vor der Abfüllung noch verdünnt werden. Wir haben uns nach sehr langen aber sehr spannenden Probier-Abenden für den deutschen Markt auf eine Alkoholstärke von 43% vol geeinigt, wobei Itupeva lokal in Brasilien nur mit 38% vol verfügbar ist. Die geringere Alkoholstärke wirkt etwas milder und ist etwas zugänglicher, allerdings führen die zusätzlichen 5% Alkohol zu einer enormen aromatischen Erweiterung. Das Profil wird deutlich "erwachsener", wirkt etwas weniger süß, aber nicht weniger fruchtig dafür deutlich komplexer.

Die Verdünnung findet einige Tage vor der Abfüllung statt, damit das Destillat mit der endgültigen Alkoholstärke noch etwas ruhen kann, was es harmonischer wirken lässt.

Selbstverständlich werden dem Itupeva Cachaça weder Zucker, Farbstoffe noch andere Zusätze zugegeben - auch wenn dies gesetzlich erlaubt ist und bei industriellen Produkten häufig getan wird.

 

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