Die Herstellung des Pisco MalPaso im Detail

 

Da es sich bei Pisco um eine der Spirituosen mit der komplexesten Herstellung handelt, brauchen wir hier ein

Inhaltsverzeichnis:

1. Geschichte, Herkunft des Namens MalPaso

2. Terroir und Weintrauben

3. Traubenlese

4. Mazeration und Keltern

5. Mostklärung

6. Fermentation und Weinlagerung

7. Destillation

8. Lagerung

 

 

1. Geschichte, Herkunft des Namens MalPaso

MalPaso Fermentationstank von 1937Der Pisco MalPaso hat seinen Namen von der Hacienda Malpaso, einer alten Farm im Valle de Limarí, welche der Ende des 19. Jahrhunderts aus Spanien ausgewanderte Jaime Prohens Juan erwarb. Er erkannte, dass die klimatischen Bedingungen am Fuße der über 6.000m hohen chilenischen Anden hervorragend für den Anbau von Weintrauben geeignet waren und pflanzte einige Reben zur Erzeugung eines Weißweins. In den 1940er Jahren betrug die Anbaufläche bereits 100 Hektar und der inzwischen von seinem Sohn hergestellte Weißwein genoss überregional große Bekanntheit. Auch der eigene Pisco wurde bereits seit mindestens 1937 destilliert, das aber nur in geringer Menge und ohne überregionale Vermarktung.

Aktuell ist der Betrieb in der vierten Generation in Familienhand, wobei die fünfte Generation schon fleißig mitarbeitet, und produziert auf inzwischen über 700 bepflanzten Hektar nicht nur Weintrauben für den eigenen Pisco, sondern auch Tafeltrauben und Zitrusfrüchte, sowie Weintrauben für andere Pisco-Hersteller. Die Trauben aus den besten Lagen und jeweils besten Reben bleiben natürlich dem eigenen Produkt, dem Pisco MalPaso vorbehalten.

Der Name ist dabei eine Hommage an die ursprüngliche Bezeichnung der Farm, mit der alles für die Familie Prohens in Chile begann. Dessen eigentlicher Ursprung - auf Deutsch: „schlechter Pass“ oder „schlechter Schritt“ - für die Farm selber, stammt wohl von ihrer aufgrund der bergigen Landschaft früher beschwerlichen Erreichbarkeit zu Fuß oder der schlechten Furt über den Fluss Limarí. Scherzhaft wirbt die Familie mit „Habrás dado el mejor malpaso de toda la vida“ (Sie werden den besten schlechten Schritt Ihres Lebens gemacht haben) mit dem übertragenen Wortsinn eines „Fehltritts“.

 

-> zurück zum Inhaltsverzeichnis

 

 

2. Terroir und Weintrauben

Hacienda MalPasoDie Hacienda Malpaso liegt im Valle de Limarí, also einem Flusstal zwischen hohen Bergen in wüstenähnlichem Klima mit sehr mineralhaltigem, überwiegend sandigem Boden. Dabei sind die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht mit meist über 20°C sehr hoch, was sich spannend auf die Trauben auswirkt: Während die hohe Sonneneinstrahlung und Temperatur am Tag dafür sorgt, dass die Trauben hohe Zuckerwerte erreichen, sorgen die geringen Temperaturen bei Nacht dafür, dass sich der Säureabbau in den Trauben verlangsamt. So können reife Trauben mit ausreichend Zucker für die Alkoholproduktion aber noch deutlich prägnanter Säure für einen frischen, spritzigen und fruchtigen Wein entstehen, was sich natürlich auch im späteren Destillat charakteristisch zeigt.

Alle Trauben für den Pisco MalPaso entstammen dem Fundo Huamalata, einer abgetrennten Parzelle der Farm, auf der kompromisslos und unter Inkaufnahme eines geringen Ertrages, auf perfekte aromatische Qualität hingearbeitet wird. Hier stehen auch die ältesten Reben der Farm, die zwar nur wenige, aber dafür besonders aromatische Trauben hervorbringen, welche für den Pisco MalPaso Icono verwendet werden.

Die bei chilenischem Pisco vorherrschende Traube ist Moscatel Alejandría, aus der Gruppe der Muskateller-Trauben, eine der ältesten Weißweinsorten der Welt. Sie entstand bereits vor weit über 2000 Jahren durch wohl natürliche Kreuzung der Sorten Heptakilo und Muscat a petits grains im Mittelmeerraum, wobei es unterschiedliche Hinweise auf Ägypten, Griechenland und Sardinien als Ursprung gibt.

Sie reift relativ früh, bildet vergleichsweise große und zuckerhaltige Trauben aus und steuert das so typische Muskat-Aroma bei, das sich in den Weinen oft mit Noten verschiedener Zitrusfrüchte aber auch floralen Eindrücken zeigt.

Moscatel Rosada WeintraubenMit einem Anteil von lediglich etwa einem Viertel, spielt diese Traube jedoch im Pisco MalPaso eine kleinere Rolle als die Sorte Moscatel Rosada, welche 50% der Gesamtmenge beisteuert. Hierbei handelt es sich um eine natürliche Kreuzung der zuvor erwähnten Moscatel Alejandría mit einer bisher nicht genau bestimmten Art, die erst in Südamerika entstand. Sie reift deutlich später und bildet kleinere, rosa Beeren aus. Aromatisch immer noch eindeutig der gleichen Familie angehörig, enthalten ihre Schalen einen höheren Anteil an sehr aromaintensiven freien Terpenen, was im Wein durch das im Vergleich kleinere Beeren/Schalen-Verhältnis noch verstärkt wird und sich auch im Destillat wiederspiegelt.

Das letzte Viertel trägt die Variante Moscatel Amarilla bei, bei der es sich nicht wie häufig noch angenommen um die hier als Goldmuskateller bekannte Sorte handelt, sondern eine südamerikanische Kreuzung von Criolla Chica und Moscatel Alejandría, wie kürzliche DNA-Tests erwiesen haben. Sie zeichnet sich durch florale Aromen nach Rosenblüte und Holunder, würzige Noten von Zedernholz und Muskatnuss aus und erinnern sogar an Honig und geröstete Nüsse, was dem für den Pisco MalPaso gekelterten Wein deutlich mehr aromatische Tiefe gibt.

Zwar wird auch bereits länger Pedro Jimenéz auf der Farm angebaut, allerdings erst seit 2012 im Fundo Huamalata mit dem Ziel, daraus Pisco MalPaso herzustellen. Daher hat es bis zur 2019er Ernte gedauert, dass die Ergebnisse nicht nur den hohen Qualitätsansprüchen genügen, sondern vor allem beständig sind, so dass wir die ersten Flaschen dieses sortenreinen Piscos ab Mitte 2020 auch in Deutschland anbieten können.

Um die Nährstoffe des Bodens optimal zu nutzen, sind die Weinberge im Fundo Huamalata gemischt bepflanzt: Weinstöcke mit Pedro Jimenéz stehen also zum Beispiel jeweils abwechselnd neben Moscatel Rosada. Dabei ist weniger entscheidend, dass die Sorten leicht unterschiedliche Nährstoffe benötigen, sondern viel mehr, dass ihre Reifezeiten unterschiedlich sind, sie also ihr Nährstoffmaximum zu einer unterschiedlichen Zeit benötigen. Da MalPaso auf biologischen Dünger vom eigenen, 2 Hektar-großen Kompostfeld zurückgreift, ist dieser sogenannte gemischte Satz für eine optimale Reifung und damit auch die beste Aromenentwicklung der Beeren entscheidend. Der verhältnismäßig große Abstand der Rebstöcke voneinander von 2 bis 4 Metern sorgt ebenso dafür, dass jede Pflanze genau das aus dem Boden erhält, was sie benötigt, auch wenn sich so nur etwa 1.600 Rebstöcke pro Hektar pflanzen lassen.

Als Maßnahmen gegen Schädlinge wird kein Pestizid gesprüht, sondern auf natürliche Verfahren gesetzt. Gegen Hasenbisse zum Beispiel, werden die Weinstöcke mit einer wasserlöslichen Farbe bestrichen, die abschreckend auf die Nager wirkt. Gegen eine kleine rote Spinne, welche sonst vor Ort großen Fraßschaden an den Reben verursachen würde, wird Vinasse auf den Boden versprüht - die mit Wasser verdünnten Rückstände in der Brennblase nach dem Destillieren des Piscos, auch Schlempe genannt.

 

-> zurück zum Inhaltsverzeichnis

 

 

3. Traubenlese

Die Lese für den Pisco MalPaso beginnt, sobald die Beeren ihren gewünschten Reifegrad erreicht haben. Für den Pisco MalPaso Reservado ist dies der Fall, sobald die Beeren einen Zuckergehalt von etwa 90 Grad Oechsle (°Oe) haben, also ein Wein mit knapp über 12% vol Alkohol zu erwarten ist. Die Beeren für den Pisco MalPaso Icono, aber auch den neuen Pedro Jimenéz dürfen nochmal deutlich länger reifen, um eine noch höhere Aromenkonzentration zu erreichen und werden gepflückt, wenn sie mindestens 99 °Oe aufweisen, also einen etwa 13,5%igen Wein hervorbringen. Bei einem deutschen Prädikatswein würden wir das als Spätlese (Reservado) bzw. Auslese (Icono, PJ) bezeichnen. Die gesamte Lese zieht sich so aufgrund der unterschiedlichen Reifezeiten der verschiedenen Trauben und dem unterschiedlichen Lesezeitpunkt von März bis Juni über fast 4 Monate hin.

TraubenleseBei den Erntekräften handelt es sich um langjährig und vor allem ganzjährig festangestellte Mitarbeiter der Farm, die nach der Ernte im Herbst das Laub aufsammeln, beim Zuschnitt helfen, den Kompost bereiten und im Frühjahr als Dünger verteilen, bevor nach dem Sommerurlaub schon wieder die nächste Ernte beginnt. Dies ist natürlich nicht nur für die soziale Absicherung der sonst häufig als Saisonarbeiter angestellten Erntehelfer hilfreich, sondern auch für den Betrieb der Farm und die Qualität der Traubenlese von Bedeutung. Nur aufgrund der Erfahrung der Mitarbeiter kann bei der manuellen Lese gewährleistet werden, dass ausschließlich reife Trauben der richtigen Sorte gepflückt werden. Durch den gemischten Satz, also die Bepflanzung mit verschiedenen ähnlichen Sorten direkt nebeneinander, ist dies gar nicht so trivial.

Eine maschinelle Lese ist aber auch schon durch die hohe Pergola-Erziehung der Weinreben, also die Beeinflussung des Wachstums der Reben, dass sie in etwa 2 Metern Höhe ein durchgehendes Blätterdach und Reben darunter ausbilden, ausgeschlossen. Diese Art des Anbaus schützt allerdings die Trauben vor der sonst zu starken Sonneneinstrahlung, welche sie viel zu schnell austrocknen würde.

All diese Methoden - hohe Pergola-Erziehung / gemischter Satz / manuelle Lese - gelten zwar als veraltet, weil wenig wirtschaftlich, aber glücklicherweise leistet sich die Familie Prohens diesen Luxus und geht keine Qualitätskompromisse bei ihrem eigenen Pisco ein!

 

-> zurück zum Inhaltsverzeichnis

 

 

 

4. Mazeration und Keltern

EntrappungsmaschineDie gelesenen Trauben werden schließlich mehrmals täglich sortenrein mit dem Trecker zum Hauptgebäude gefahren und dort gleich entrappt - das heißt Stielgerüst, aber auch Stiele und Blätter entfernt – und sanft mit einer Walze aufgebrochen, so dass die Kerne nicht beschädigt werden, was zu unerwünschten Aromen im Pisco führen würde.

Diese Maische aus Saft, Fruchtfleisch, Schalen und Kernen der Trauben wird nun schnell auf 6°C abgekühlt und liegt, je nach Traubensorte, für 3-8 Stunden in einem Tank zur Mazeration. In diesem Zeitraum werden aromagebende Terpene aus den Schalen extrahiert, aufgrund der geringen Temperatur aber die für den Pisco unerwünschten Polyphenole, Tannine und andere adstrin­gie­ren­den Bitterstoffe so gut wie nicht gelöst - ein ganz entscheidender Schritt für das spätere Aromen- und Geschmacksprofil des Piscos.

Ein weiterer Effekt ist, dass in dieser Zeit auch bereits ein enzymatischer Abbau der Pektine des Fruchtfleisches beginnt, was eine schonendere Pressung ermöglicht. So wird im Anschluss mittels sanft dosiertem Luftdruck der Saft (Most) aus der Maische gepresst, natürlich auch wieder ohne dabei die Traubenkerne zu beschädigen. Beim Pisco MalPaso bleibt bei diesem Vorgang – dem Keltern – der Trester, also die übrig gebliebenen Kerne, Schalen und anderen Feststoffe aufgrund der sanften Pressung noch tropfnass. Dies bedeutet zwar gegenüber einem rigoroseren Pressen einen Ertragsverlust, allerdings kann so auch wieder der Gehalt der Tannine reduziert werden und der später entstehende Wein und dann Pisco werden im Geschmack feiner und sanfter.

An dieser Stelle ist es vielleicht nochmal hilfreich, kurz auf den Haupt-Unterschied zwischen Grappa und Pisco einzugehen: Bei Grappa wird ausschließlich der Trester, bei Pisco ausschließlich der Most verarbeitet.

Natürlich wird der Trester bei der Pisco-Produktion nicht einfach weggeworfen. Aber anstatt ihn zu Trester-Brand zu destillieren oder als energetisches Tierfutter zu verkaufen, bildet er bei MalPaso die Grundlage für den eigenen Dünger. Die nasse Masse aus Schalen und Kernen der ausgepressten Trauben, welche immer noch etwa 30% Zucker beinhaltet, wird dazu auf einen derzeit fast drei Hektar großen Komposthaufen gefahren, wo alles von Würmern zersetzt wird. Ein weiterer Schritt zur Erhöhung der Nachhaltigkeit bei der Produktion.

 

-> zurück zum Inhaltsverzeichnis

 

 

5. Mostklärung

Direkt nach dem Keltern sind immer noch Feststoffe wie Pektine aus den Schalen und Proteine aus dem Beerenfleisch im Most enthalten, die als Trub bezeichnet werden und bei der weiteren Weinherstellung den Wein eintrüben – viel relevanter aber: Beim Destillieren unerwünschte Aromen abgeben können. Daher wird der Most geklärt, beim Pisco MalPaso durch die sogenannte Flotation, also ein Auftreiben. Hierbei wird der Most während des Überpumpens in einen anderen Tank mit Druckluft versehen, die sich dort, gleichmäßig verteilt, im Most wieder ausdehnt. Die so entstehenden Mikro-Luftblasen steigen langsam im Most nach oben und nehmen dabei den Trub mit, der anschließend an der Oberfläche schwimmt und abgeschöpft werden kann.

Im Gegensatz zur traditionelleren Methode, den Most einfach stehen zu lassen und darauf zu warten, dass sich der Trub absetzt, hat die Flotation einige Vorteile: Es ist effizienter, da es nicht einen ganzen Tag, sondern nur wenige Stunden dauert und nach einem einzigen Flotation-Durchgang nur noch etwa 0,1-0,3% des Trubs im Most verbleiben – ein Bruchteil von dem, was nach einmaligem Absetzen noch enthalten ist.

Ein weiterer und bei der Auswahl des Verfahrens für den Pisco MalPaso der entscheidendste Vorteil ist aber die so erreichte Oxidation des Mostes durch den extra eingebrachten Sauerstoff der Luftblasen. Von einigen Weinbauern bis in die 90er Jahre noch gefürchtet, setzt sich das Verfahren inzwischen auch bei hochwertigen Weißweinen durch. Durch die Oxidation werden nämlich phenolische Substanzen ausgefällt, die den Wein bitter und adstringent werden lassen – genau das, was wir ja bei der Produktion des Weines für den Pisco MalPaso unbedingt verhindern wollen und worauf bei Entrappung, Mazeration und Keltern schon großen Wert gelegt wird.

Die Zentrifugation, ein weiteres Verfahren zur Most-Klärung, welches in der industriellen Weinherstellung verwendet wird, ist zwar noch deutlich schneller, der Most wird dabei jedoch hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt. Zudem entfällt der positive Effekt der Oxidation, was das Verfahren ungeeignet für qualitativ hochwertigen Pisco macht.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass beim Pisco MalPaso selbstverständlich kein Zucker und auch sonst keine Zusatzstoffe zur Erhöhung der Ausbeute zugegeben werden.

 

-> zurück zum Inhaltsverzeichnis

 

 

6. Fermentation und Weinlagerung

MalPaso Wein mit Hefe gegen Ende der FermentationDie Fermentation zur natürlichen Umwandlung des Zuckers des nun geklärten Mostes durch Hefen in Alkohol findet bei nur knapp über 10°C statt, wofür die Tanks extra gekühlt werden müssen. Dies verzögert zwar den Fermentationsprozess, da die Hefen sich bei geringerer Temperatur langsamer vermehren und auch den Zucker langsamer in Alkohol umwandeln, ist aber unverzichtbar, um die gewünschte fruchtige Aromatik des so entstehenden Weines zu erreichen und Fehlaromen zu vermeiden. Bei höheren Temperaturen würden beim Fermentationsprozess deutlich geringere Konzentrationen an Estern entstehen, die insbesondere für fruchtige Aromen im Wein und auch später im Destillat verantwortlich sind.

Die zweite wichtige Gruppe an aromaaktiven Stoffen im Pisco MalPaso sind die bereits in den Abschnitten über Trauben und Mazeration erwähnten Terpene, die für eher blumige Komponenten im Aroma verantwortlich sind. Während die in den Schalen der Weinbeeren bereits natürlich enthaltenen Terpene durch die Mazeration bereits in den Most gelangt sind und als Primäraromen (direkt vom Rohstoff) bezeichnet werden, entstehen auch bei der Fermentation Terpene als Sekundäraromen und wenig aromatische Terpene werden in stärker aromatische Terpene umgewandelt.

An dieser Stelle verweisen wir einfach mal auf geeignete Fachliteratur, denn das Thema der aromaaktiven Substanzen im Wein ist glücklicherweise bereits recht gut erforscht und beschrieben, gehört aber von der Tiefe her eher in ein Semester Lebensmittelchemie, als hier auf unsere Webseite. Sowohl die Übersicht über verschiedene aromaaktive Substanzen, deren chemischer Entstehungs- und Umwandlungsprozess, als auch die von einer Vielzahl Faktoren abhängige aromatische Wahrnehmungsschwelle des Menschen sind recht komplexe Themenbereiche. Das Standardwerk „Food Chemistry“ von H.-D. Belitz, Werner Grosch und Peter Schieberle geht z.B. recht übersichtlich auf beinahe alle denkbaren Bereiche der Lebensmittelchemie ein und bietet mit seinen über 1.000 Seiten eine tolle Lektüre für lange Quarantäne- oder Winterabende ;)

Die Fermentation stoppt, sobald der Zucker (fast) vollständig in Alkohol umgewandelt ist, was aufgrund der niedrigen Temperatur ganze 8-10 Tage dauert. Der für die Destillation des "Pisco MalPaso Reservado" vorgesehen Wein kommt so auf fast 13% vol Alkoholgehalt.

Nun wird der Wein zunächst mit dem Abstich vom Süßtrub, also den am Boden des Tanks liegenden abgestorbenen Hefezellen durch einfaches Umfüllen getrennt. Der Wein ist jetzt aufgrund kleiner, schwebender Hefepartikel (der Feinhefe) aber immer noch trüb und darf daher für weitere ein bis zwei Monate einfach nur im Tank liegen. In dieser Zeit setzt sich die Feinhefe, die wir bei der Destillation nicht in der Brennblase haben möchten, am Boden ab und noch im Wein gelöste Eiweiße werden abgebaut. Zusätzlich finden auch noch während dieser Lagerung chemische Umwandlungsprozesse der Terpene statt, was die blumige Charakteristik des Weins verstärkt.

Für den Wein, welcher für den Pisco MalPaso Icono vorgeshen ist, wird ein anderer Hefestamm als für den Pisco MalPaso Reservado verwendet und der Wein wird nach der Fermentation zusätzlich fein gefiltert, um die gewünschte Aromenbildung bei der späteren nicht-oxidativen Lagerung zu erreichen.

 

-> zurück zum Inhaltsverzeichnis

 

 

7. Destillation

Die Destillation ist ein so komplexes Thema, dass sie nicht umsonst ganze Regale mit Fachbüchern füllt. Wir versuchen hier mal den Spagat zwischen der Beschreibung der faszinierenden Details beim Brennen des Pisco MalPaso und einer verträglichen Länge und Lesbarkeit. Einige Punkte zum allgemeinen Destillationsprozess, die wir aufgreifen, sind dabei eher als Ansatz für eine eigene, tiefergehende Recherche gedacht und geeignet, als dass sie den Anspruch erheben, vollumfassend erklärend zu sein.

Unser hauptsächliches Ziel bei der Destillation ist ja, den zuvor fermentierten Wein mit ca. 13% Ethanol ("Trinkalkohol") und fast 87% Wasser zu einem wohlschmeckenden, hochprozentigen Destillat umzuwandeln, welches mindestens 40% Ethanol und entsprechend weniger Wasser beinhalten soll. Das klassische Destillationsverfahren lässt sich in etwa so zusammenfassen: Ein Kessel wird mit Wein gefüllt und erhitzt, so dass der Wein verdampft, wobei - stark vereinfacht dargestellt - Ethanol mit einem Siedepunkt von 78°C vor dem Wasser verdampft, das seinen Siedepunkt bei 100°C hat. Der Dampf wird nun gekühlt bis er kondensiert und das so entstandene Destillat wird aufgefangen, wobei es nun mehr Ethanol und weniger Wasser enthält, als der Basiswein. Der Brenndurchlauf wird dabei üblicherweise in drei Phasen eingeteilt: den Vorlauf, Mittellauf und den Nachlauf. Aufgrund der verschiedenen Siedepunkte der Bestandteile des Weins - neben Wasser und Ethanol auch aromaaktive Substanzen - ist es durch Abtrennen des Vor- und Nachlaufes zu verschiedenen Zeiten möglich, nicht nur Ethanol im Destillat anzureichern, sondern auch Einfluss auf dessen Geschmack zu nehmen. Und schon haben wir aus dem niedrigprozentigen Wein eine Spirituose gemacht.

 

Für Interessierte stehen hier zum Ausklappen noch ein paar Sätze mehr zu Grundlagen der Destillation und verschiedenen Verfahren

 

Siedediagramm Wasser-Ethanol mit vereinfachtem Pisco-BeispielDenn die Trennung von verschiedenen Komponenten mit unterschiedlichem Siedepunkt durch Destillation ist dann doch gar nicht so trivial, wie es zunächst erscheinen mag.

Zwar funktioniert die Anreicherung von Ethanol seit Hunderten von Jahren nach dem oben beschriebenen Prinzip im Grunde, allerdings passiert mit einem 13 prozentigen Ethanol-Wasser-Gemisch erstmal (fast) nichts, wenn man es auf 78°C erhitzt. Der Siedepunkt des Gemisches ist nämlich höher, und zu jedem Zeitpunkt verdampfen auch beide Komponenten - nur in anderen Anteilen. Das hier schematisch mit Beispiel dargestellte Siedediagramm von Wasser-Ethanol-Gemischen liefert recht anschaulich einen Eindruck, wie diese einfache Destillation des (hypothetischen) binären Gemisches funktioniert.

Bei weiteren Komponenten wird es dann noch komplizierter, denn schon bei Methanol funktioniert der Prozess entgegen landläufiger Meinung nicht mehr so. Methanol ist ein Alkohol, der in geringen Mengen bei der Fermentation als unerwünschtes Nebenprodukt der Spaltung von Pektinen der Traubenschale entsteht und in größeren Mengen giftig ist, daher wollen wir ihn aus dem Wein entfernen bzw. nicht ins Destillat überführen. Da Methanol einen Siedepunkt von ca. 65°C hat, könnte man ja annehmen, dass es in dem oben beschriebenen Prozess noch vor dem Ethanol verdampft und man es so in der ersten Phase der Destillation, also im Vorlauf, abtrennen könnte. In Wirklichkeit aber, reichert sich Methanol bei einer solchen Destillation beinahe parallel bzw. bei höheren Temperaturen sogar überproportional zum Ethanol an, da noch andere physikalische und chemische Gesetzmäßigkeiten eine Rolle spielen. Eine Abtrennung oder gar prozentuale Verringerung von Methanol durch Abtrennung eines Vorlaufes ist bei der beschriebenen einstufigen Destillation schlicht nicht möglich.

Aber Methanol ist auch gar nicht ausschlaggebend für das Abtrennen des Vorlaufes. Vielmehr werden durch das Abtrennen des Vorlaufes andere leichtflüchtige und unerwünschte Stoffe entfernt, wie zum Beispiel Acetaldehyd, was im Geruch an Klebstoff erinnert. Zudem ist der Methanolgehalt eines normalen Traubenmostes auch gar nicht so hoch, dass es bedenklich werden könnte. Selbst bei Bränden aus viel stärker pektinhaltigen Früchten und Fruchtbestandteilen, wie Zwetschgen und Birnen, aber auch Trester (Traubenschalen und Kerne) werden üblicherweise nicht die gesetzliche Grenzwerte an Methanol erreicht. Geschichten von Erblindungen durch zu viel Methanol im Schnaps, die viele wohl schon gehört haben, können stimmen, sind aber wohl überwiegend auf beigemengtes, billiges Methanol, also Panschen, hervorgerufen und nicht durch schlechtes Brennen.

Der Grund für das Abtrennen des Nachlaufes ist nicht nur, dass irgendwann nur noch sehr wenig Ethanol enthalten ist und fast nur noch Wasser, sondern auch die  darin enthaltenen Fuselalkohole. Dabei handelt es sich um höherwertige Alkohole mit höherem Siedepunkt, wie Butanol, Propanol, etc. welche unter anderem als Verursacher eines Katers am Tag nach dem Genuss von Spirituosen gelten. Je früher man den Nachlauf allerdings abtrennt, desto mehr Ethanol ist auch noch im Kessel enthalten und geht dem Prozess verloren. Um überhaupt mit dem oben beschriebenen einstufigen Brennverfahren ein hochprozentiges Destillat aus einer niedrigprozentigen vergorenen Maische zu erhalten, ohne unwirtschaftlich viel Ethanol zu verlieren, wird üblicherweise doppelt gebrannt, also zunächst erst (fast) alles an Ethanol in einen Raubrand überführt, der danach nochmal zu einem Feinbrand mit höherem Ethanolanteil destilliert wird und bei dem unerwünschte Stoffe möglichst abgetrennt werden.

 

Es gibt aber auch andere Destillationsverfahren, als Weiterentwicklung des archaischen, einfachen Brennkessels. Schon der Einbau eines etwas aufwendigeren Kühlers in einer Form mit Zwischenböden, bei denen der Dampf auf verschiedenen Ebenen bei dadurch verschiedenen Temperaturen immer wieder mit Kondensat in Kontakt gebracht wird und mehrfach zirkuliert, erlaubt eine viel sauberere Trennung der Komponenten und dadurch größere Kontrolle über die Bestandteile des Destillats. Solche Kühler werden Glockenbodenkolonne genannt und haben sich bei wohl inzwischen fast allen Destillateuren von hochwertigen Obstbränden durchgesetzt. Deutschland ist dabei übrigens eines der führenden Länder, was die Qualität nicht nur der Obstbrände, sondern auch der Brennblasen angeht.

Hier vielleicht auch gleich noch ein Wort zu mitunter geäußerten Vorurteilen gegenüber modernen Verfahren im Vergleich zum klassischen Kessel: Destillationskolonnen erlauben eine sehr genaue Trennung von Komponenten mit nahe beieinanderliegenden Siedepunkten, so wie es im klassischen Verfahren nicht möglich wäre. Daher lässt sich so auch ein hochreiner, neutraler Alkohol herstellen und darüber hinaus kann man Kolonnen mit ein paar Anpassungen auch ganz ohne klassischen Kessel in einem kontinuierlichen Verfahren benutzen, was eine sehr effiziente, industrielle Herstellung ermöglicht. So hergestellter Schnaps macht auch die Masse auf dem internationalen Spirituosenmarkt aus, weil er preiswert ist, wobei häufig der Herstellungsprozess verschwiegen und eine traditionelle Herstellung suggeriert wird. Um dann die Verbrauchererwartung an Geschmack und Geruch zu erfüllen, werden häufig - und bei vielen Spirituosen ganz im Einklang mit gesetzlichen Vorschriften - noch, Aroma- und Geschmacksstoffe zugesetzt. Dieser Priorisierung von Kosteneffizienz vor Qualität und Handwerk können Connaisseurs und informierte Verbraucher natürlich auch meiner Meinung nach zurecht nichts abgewinnen.

Das alles hat jedoch rein gar nichts mit der Herstellung von hochwertigen Obstbränden zu tun, bei denen auch Kolonnenkühler eingesetzt werden. Nur weil das Verfahren erlauben würde, einen geschmacksarmen Brand herzustellen, heißt das nicht, dass es dazu genutzt wird. Die Herstellung hochwertiger Obstbrände ist auch deshalb eine wahre Kunst, weil die verschiedenen aromaaktiven Komponenten richtig ins Destillat überführt werden müssen und da stellt die Kolonne eine einzigartige Möglichkeit dar, da sie eine saubere Trennung von Komponenten ermöglicht.

Der Pisco MalPaso kommt aufgrund des sehr engen Mittellaufes und sehr gezielter Einstellung der Prozessparameter auf nur geringe Werte an Methanol (0,6g pro Liter reinen Alkohol, bei einem gesetzlichen Maximum in der EU für Obstbrände von 10g/l) und Fuselalkoholen (kein nachweisbarer Butanol und unter 0,6g/l Propanol und Isobutanol zusammen) erreicht dabei jedoch mit insgesamt 3g/l an flüchtigen Bestandteilen einen hohen Wert an aromagebenden Komponenten (alle Werte aus der chemischen Analyse des Ende 2019 nach Deutschland importierten Pisco MalPaso Reservado). Man kann also durchaus 'sauber' destillieren und dabei trotzdem sehr aromatische Brände herstellen. Überzeugt Euch selber und probiert einfach!

 

Für den Pisco MalPaso wird eine durch Wasserdampf erwärmte Kupfer-Alambique mit aufgesetzter Glockenbodenkolonne aus deutscher Herstellung in einem diskontinuierlichen Prozess genutzt, es wird also batchweise destilliert. Wer wissen will, was das genau ist, muss dann doch den eingeklappten Abschnitt lesen ;)

Jeder Brenndurchgang dauert dabei insgesamt etwa 14-15 Stunden, wobei sehr langsam erwärmt wird und über die Einstellungen verschiedener Prozessparameter, wie zum Beispiel dem Anteil an Rücklauf aus den verschiedene Kolonnenböden im Kühler, sehr genau eingestellt wird, dass nur genau das in den Pisco kommt, was wirklich rein soll. Beim Pisco MalPaso Reservado werden lediglich ca. 30 Minuten Vorlauf, dafür aber sehr viel Nachlauf abgetrennt, so dass der Mittellauf nur etwa 3-4 Stunden dauert. Dies eliminiert fast sämtliche Fuselalkohle, konzentriert aber viele leichtflüchtige, aromatischen Bestandteile im Destillat. Insbesondere die zahlreichen Ester-Verbindungen, welche ja sorgsam bei der Weinbereitung für den MalPaso gehegt und gepflegt werden, da sie für die meisten fruchtigen Bestandteile des Aromas und Geschmacks verantwortlich sind, können nur durch ein so ausgeklügeltes Brennverfahren von den scharfen oder adstringierenden Bestandteilen getrennt und in den Pisco überführt werden. Um das mal in ein anderes Verhältnis zu setzten: Aus 100 Litern Wein werden nur 8 Liter Destillat für den Pisco MalPaso Reservado.

Für den Pisco MalPaso Icono und auch den neuen Pisco MalPaso Pedro Jimenez wird der Nachlauf sogar noch früher abgetrennt, so dass aus 100 Litern Wein lediglich etwa 4 Liter Destillat entstehen - oder noch anders ausgedrückt: Für jeden Liter Destillats dieser Piscos werden über 40 Kilogramm Weintrauben benötigt! Dies führt zu einem noch weicheren Geschmack und einem "reineren" aromatischen Profil - daher werden diese beiden Piscos auch einem anderen Reifungsprozess während der Lagerung unterzogen, worauf wir aber im nächsten Absatz noch eingehen.

MalPaso_Destillation_500x500Der Nachlauf wird natürlich bei keinem der Piscos einfach entsorgt, er enthält ja noch das Meiste an kostbarem Ethanol und auch noch viele aromatische Bestandteile. Er wird also gesammelt und erneut destilliert bzw. rektifiziert. Der Mittellauf aus dieser zweiten Destillation geht dann in den hauptsächlich auf dem chilenischen Markt verfügbaren, 35%igen Pisco MalPaso Especial. Der verbleibende Nachlauf der ersten Rektifikation, der immer noch etwa 25% der gesamten Ethanolmenge des Ursprungsweines enthält, wird erneut rektifiziert und dann in geringer Menge auch dem Pisco MalPaso Especial zugegeben und an andere Hersteller verkauft.

Viel enger mit der Destillation verbunden, als häufig angenommen, ist auch noch der nächste Schritt, nämlich das Verdünnen des Destillats mit Wasser. Um die Aromen bestmöglich zu erhalten geschieht dies beim Pisco MalPaso sehr langsam und unter kontrollierter Temperatur, denn die Verdünnung ist ein exothermer Prozess, es entsteht also Wärme (was übrigens auch ein Teil der Wirkung von alkoholhaltigem Scheibenenteiser ist). Hohe Temperaturen und insbesondere hohe Temperaturunterschiede sind jedoch für die teilweise fragilen Aromakomponenten wie zum Beispiel die leichtflüchtigen Ester schädlich.

Zur Verdünnung wird dabei Wasser aus einer Umkehrosmoseanlage genommen. "Frisches Quellwasser aus den Anden" würde zwar romantischer klingen, enthält aber im Valle de Limarí einfach zu viele Mineralien, welche wiederum dem fein fruchtigen Geschmacksprofil des Pisco schaden würden.

 

Und weil der Absatz schon wieder viel zu lang wird, hier für alle Interessierten nur ein kleiner Einschub zum Ausklappen, warum wir überhaupt verdünnen und nicht zum Beispiel einfach auf Trinkstärke destillieren.

 

Zunächst zum Zielwert: 37,5% vol sind gesetzlich als Minimum für Obstbrände in der EU vorgeschrieben, wobei sich 40% im Markt durchgesetzt haben. In Chile gelten sogar nur 30% vol als gesetzliches Minimum, wobei hier die Masse mit 35% vol produziert und konsumiert wird. Grundsätzlich kann man sagen, dass Ethanol ein guter Aroma- und Geschmacksträger ist, und Destillate mit höherem Alkoholgehalt häufig kräftigere Aromen vorweisen, ohne, dass sie - bei guter Herstellung - sprittig wirken. Je nach Spirituose ist jedoch auch eine andere Aromenbalance gewünscht, so dass sich bei Whiskys oder auch Mezcal zum Beispiel schon ein höherer Standardwert durchgesetzt hat, bei eher 'leichten' Spirituosen wie Obstbränden nicht. Die 'premium' Piscos von MalPaso - und auch nur die importieren wir nach Deutschland - liegen bei 40% vol am oberen Ende der vor Ort erlaubten und üblichen Stärke.

Ein Pisco mit etwas höherem Alkoholgehalt ist aber durchaus spannend und wir haben im April 2020 versuchsweise ein paar Liter Pisco etwas weniger verdünnt, um in den nächsten Monaten mal zu schauen, wie sich der Pisco geschmacklich entwickelt bzw. welche Anpassungen bei der Herstellung notwendig werden, denn die geschmackliche Harmonie ist verändert und es ist nicht damit getan, dem gleichen Produkt einfach weniger Wasser zuzugeben. Es ist aber durchaus möglich, dass wir ab 2021 auch 43% oder 45% vol in mindestens einem der Piscos sehen werden - wobei das dann wohl eine Abfüllung nur für den deutschen Markt wird, denn in Chile ist ein solches Produkt nur schwer verkäuflich.

Nun aber zum Startwert: Denn warum ist eine Verdünnung überhaupt notwendig?

Je früher man bei einer Destillation den Nachlauf abtrennt, desto höher ist der Alkoholgehalt des Destillats - hier nochmal der Verweis auf die Siedekurve Wasser-Ethanol, wie schon im vorherigen Einschub. Ein Beispiel unter zur Hilfenahme des klassischen Brennverfahrens: Wenn ein üblicherweise etwa 30%iger Raubrand zum Feinbrand destilliert wird, siedet die Flüssigkeit bei etwa 85,5°C und die ersten Tropfen nach Abtrennung des Vorlaufes enthalten etwa 76% vol Ethanol. Um auf 40% im Kondensat zu kommen, muss so lange destilliert werden, bis der Raubrand auf etwa 5% vol Ethanolanteil abgesunken ist. Die Siedetemperatur beträgt dabei schon über 96°C. Und das Destillat, welches ja eine Mischung aus den anfänglichen 76%igen Tropfen, den zuletzt destillierten 40%igen Tropfen und allem dazwischen ist, liegt höher. Es muss also noch deutlich weiter destilliert werden, um im Destillat auf nur 40% zu kommen. Die Temperaturen dabei steigen weiter und führen dazu, dass verstärkt auch Fuselöle mit verdampfen und kondensieren, sich also auch im Destillat anreichern.

Gerade diese Fuselöle wollen wir - bei der Herstellung hochwertiger Obstbrände und auch chilenischem Pisco - aber vermeiden, was eben nur durch eine frühe Abtrennung des Nachlaufes geht und was wiederum einen höheren Alkoholgehalt im Destillat zur Folge hat, welches dann auf Trinkstärke verdünnt werden muss.

Erwähnenswert ist aber natürlich, dass auch Spirituosen mit höherem Anteil an Fuselölen eine sehr hohe geschmackliche Qualität aufweisen können. Sie erreichen diese allerdings häufig erst durch Lagerung, während der Oxidation und andere chemische Prozesse zu einer chemischen Umwandlung verschiedener Bestandteile führen. Whisky, aber auch Mezcal fallen einem da gleich ein, also genau die beiden, die uns auch schon eingefallen sind, als wir über den Qualitätsgewinn bei höherem Alkoholgehalt geschrieben haben... Im Grunde kann man mit wohl (fast) jedem Verfahren tolle Spirituosen herstellen, allerdings sind die Spirituosen dann auch in der Charakteristik ganz verschieden.

 

Der letzte Schritt beim Destillieren ist schließlich die Restentleerung der Brennblase und deren Reinigung. Die nochmal mit Wasser verdünnten Reste, auch Schlempe genannt, werden dabei wie schon im zweiten Kapitel angesprochen, als natürliches Insektenschutzmittel über den Weinberg versprüht.

 

-> zurück zum Inhaltsverzeichnis

 

 

8. Lagerung

Der inzwischen auf 50% vol verdünnte, sorgfältig abgetrennte, Mittellauf der Destillation ruht nun zunächst für drei Monate ungestört in einem Stahltank. Die in dieser Zeit ablaufenden chemischen und physikalischen Prozesse samt Oxidation und Veresterung sind nicht minder kompliziert, als die der Fermentation, allerdings leider deutlich weniger gut erforscht und beschrieben. Daher müssen wir auch hier oberflächlich bleiben. Direkt nach der Destillation, ohne eine Lagerung ist das Destillat natürlich schon genauso unbedenklich trinkbar und schmeckt sehr fruchtig, drei Monate Lagerung lassen es aber etwas harmonischer erscheinen, um auf dieses subjektive Gefühl als Beschreibung zurückzugreifen. Aufgrund der Regularien können wir jetzt auch endlich von einem Pisco sprechen.

Fass aus französicher Eiche für die Reifung des Pisco MalPaso ReservadoDie Reifung des Pisco MalPaso Reservado geht nach den drei Monaten im Stahltank aber auch noch weiter: Etwa die Hälfte kommt in Fässer aus französischer Eiche, die andere Hälfte in Fässer aus amerikanischer Weißeiche. Alle Fässer sind toasted, also innen leicht angekohlt, um unter anderem einen Teil der Cellulose des Holzes zu Vanillin umzuwandeln und adstringierende Einflüsse von Tanninen aus dem Holz auf den Pisco zu verhindern. Dabei werden überwiegend Fässer verwendet, die bereits vorher mit Pisco befüllt waren um den Einfluss vom Holz auf das lagernde Destillat abzumildern und den Eigengeschmack vom Pisco MalPaso nicht zu überdecken. Nach etwa vier bis fünf Fasslagerungen wird der Einfluss des Holzes jedoch dann geringer als erwünscht, so dass die Fässer aussortiert werden.

Der Geschmack ist es letztlich auch, der die Lagerdauer bestimmt. Der Kellermeister nimmt regelmäßig Fassproben aus allen Fässern, da selbst bei formell identischen Voraussetzungen die Aufnahme der tertiären Aromen der Fässer während der Lagerung immer individuell abläuft. Er entscheidet, welches Fass wann fertig ist und blended, mischt also den Inhalt der verschiedenen Fässer in einem Stahltank so zusammen, dass das perfekte aromatische Ergebnis erzielt wird. Üblicherweise liegt der Pisco so für 60 bis 90 Tage in den Holzfässern, woraufhin er nochmal für einige Wochen im Stahltank lagern darf, nachdem er auf die Trinkstärke von 40% vol verdünnt wurde. Insgesamt gewinnt der Pisco durch diese kurze Lagerung im Holz etwas an aromatischer Tiefe und Komplexität und wird etwas 'cremiger' im Mundgefühl, behält aber vordergründig die Charakteristik der verwendeten Weintrauben bei.

Beim Pisco MalPaso Pedro Jiménez wird auf die Lagerung im Holzfass ganz verzichtet, um die besondere Charakteristik der Trauben so rein wie möglich auszuarbeiten - auch aus diesem Grund werden die Beeren für diesen Pisco ja auch schon viel später geerntet und der Mittellauf wird viel enger abgetrennt, als beim Reservado. Um andere Aromen aus einer Fasslagerung zu vermeiden, bleibt der Pedro Jimenéz einfach weitere drei Monate im Stahltank liegen um bis zur Abfüllung seine volle aromatische Reife auszubilden. Auch dieser Pisco bleibt auf jeden Fall kräftig und prägnant genug, um auch in Cocktails im Vordergrund zu bestehen, ist aber als sortenreine Abfüllung etwas Besonderes und auf jeden Fall Wert, pur genossen zu werden.

Beim Pisco MalPaso Icono, welcher aus dem gleichen Traubenmix besteht wie der Reservado, geht die Familie Prohens noch einen Schritt weiter in der Lagerung, und lagert ihn für 6 Monate im Stahltank, komplett unter Luftausschluss. Dadurch werden oxidative Prozesse bei der Lagerung fast ausgeschlossen. Allerdings finden zahlreiche andere chemische Prozesse statt und das Resultat ist schlicht atemberaubend. Die fruchtige und florale Charakteristik der Moscatel-Trauben ist erkennbar, die Aromen im Icono sind jedoch viel enger miteinander verwoben, feiner und auch komplexer als im Reservado. Auch das Mundgefühl ist ein Highlight, denn der Icono ist durch die nicht-oxidative Lagerung unfassbar samtig und weich, fast buttrig. Auf jeden Fall pur genießen und viel Zeit nehmen!

 

Und natürlich ist da noch lange nicht Schluss, denn die Familie Prohens experimentiert natürlich fleißig weiter mit Fässern aus verschiedenen lokalen Hölzern wie z.B. Lenga, ex-Bourbon-Fässern aber auch verschiedenen Fassgrößen und Lagerbedingungen. Außerdem gibt es seit der letzten Generation auch noch das Familien-Fasslager, in welches jedes Jahr ein neues Fass zugefügt wird, ohne dass bislang eines entnommen wurde. Denn natürlich kann man Pisco auf einfach länger lagern. Nach 10, 20 oder gar 30 Jahren im Eichenfass hat man eine vom Charakter gänzlich andere Spirituose, die geschmacklich irgendwo zwischen Armagnac und Cognac liegt, dabei aber dann doch noch fruchtiger wirkt. Sehr spannend auf jeden Fall, und auch wenn wir bislang nur glasweise probieren durften, bemühen wir uns natürlich weiter, auch irgendann mal ein altes Fass nach Deutschland zu bekommen und es dann nicht alleine zu trinken - versprochen ;)

 

-> zurück zum Inhaltsverzeichnis